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Die Ritterkapelle als Ort der „kleinen Wallfahrten“ im Alltag

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Haßfurt. Am Donnerstag, den 23.04.2015 war Dr. Michael Rosenberger, Professor für Moraltheologie an der Privat-Universität Linz, zu Gast in der Pfarrei St. Kilian Haßfurt. Er war vom Organisationsteam „550 Jahre Ritterkapelle“ eingeladen worden, einen Vortrag über die Ritterkapelle zu halten: „Die Zukunft kommen lassen – Die Ritterkapelle als Pilgerziel im 21. Jahrhundert“.

Pfarrer Stephan Eschenbacher begrüßte Prof. Rosenberger zu Beginn des Abends, den er persönlich aus Niederwern kennt, als dieser dort seine Praktikumszeit während der Priesterausbildung absolvierte. Überhaupt ist Rosenberger kein Unbekannter in der Diözese, da er auch für das Wallfahrts-Internetportal der Diözese Würzburg schreibt. Als Moraltheologe beschäftigt er sich vor allem mit der Schöpfungstheologie, aber auch mit dem Thema „Wallfahrten“, zu dem er 2005 ein Buch veröffentlicht hat. Zur Motivation zum Vortragsthema gab Pfarrer Eschenbacher mehrere Gründe an: der Pfarrgemeinderat hatte sich auch schon mehrmals mit dem Thema auseinandergesetzt, welche Schwerpunkte für die Zukunft gesetzt werden können und im Hinblick auf die Ritterkapelle, eine frisch renovierte gotische Kirche, die aber keine Wallfahrtskirche im klassischen Sinne darstellt. So war der Vortrag gewissermaßen auch eine „Auftragsarbeit“, wie sie Pfarrer Eschenbacher bezeichnete.

Prof. Dr. Rosenberger begann seinen Vortrag mit dem Statement: „Wallfahren ist ‚in‘“. Diesen Trend belegte er mit den Zahlen der Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. In den letzten 30 Jahren stieg die Zahl derer, die mindestens 150km nach Santiago unterwegs waren, von 5760 (1989) auf 192488 (2012). Während die Kirchen sich immer mehr leerten, würden die Wallfahrtswege umso voller, wusste Rosenberger zu berichten. Dies zeige sich auch an der Vielzahl der neuen Pilgerwege, die überall in Deutschland und Europa entstanden seien. Die Motive seien dabei zu einem guten Teil durchaus religiös, die Verteilung nach Geschlechtern halte sich fast die Waage (ca. 56% Männer, 44% Frauen), und hauptsächlich Menschen im mittleren Alter seien unterwegs: 85% der Pilger sind unter 60 Jahre alt (Stand 2012, http://www.jakobus-info.de). Neben diesen Zahlen sei das Pilgern aber auch ein ökumenisches Phänomen, ganz im Gegenteil zu der Zeit Luthers, der das Pilgern zu Recht als Leistungsdenken und „Verhandlung mit Gott“ aburteilte.

Die Frage, ob das Pilgern als Megatrend auch zur Ritterkapelle „in“ sei, warf Prof. Rosenberger anschließend in den Raum. Zunächst beantwortete er die Frage allgemein mit den „Ursehnsüchten der Menschen, die sie in der modernen Welt immer weniger erfüllt bekommen“: das seien die Erfahrungen der Umwelt und Natur, eine Zeit ohne feste Planung, Selbstbestimmung, ein Heraustreten aus dem anonymisierten Leben des Alltags und der Körperbezogenheit. Belege dafür formulierte Prof. Rosenberger praxisnah: „unsere alltäglichen Vollzüge sind weitestgehend ohne körperlichen Einsatz“, daher haben auch Marathonläufe großen Zulauf zu verzeichnen. Die zunehmende Urbanisierung führe auch dazu, dass die Menschen sich gegenseitig immer weniger kennen. „Gekannt zu sein, jemand zu sein, mit Herr Müller oder Meier angesprochen zu werden, das ist aber ein Grundbedürfnis des Menschen“, führte Prof. Rosenberger aus. Auch biete die Zeit des Pilgerns ein Leben, ohne alles hinterfragen zu müssen: „Pilgern gibt Sicherheit“ – Tatsachen wie der Regen, der gerade hinten zum Kragen hineinläuft und unten wieder heraus, wie die Sonne die aufs Gesicht brennt, dass alles sind Tatsachen, die sicher sind. In der Welt in der alles hinterfragt wird („Was, du schickst dein Kind dort hin?“ usw.), sei das Pilgern ein Kontrastprogramm, fasste Prof. Rosenberger zusammen.

Schließlich betonte Prof. Rosenberger, dass die Wallfahrtsorte ein auf und ab erlebten: „Vor 50 Jahren war die Wallfahrt nach Santiago quasi nicht existent.“ Die Ritterkapelle könnte also durchaus nach einer rückläufigen Entwicklung in den vergangenen Jahrhunderten auch wieder einen Zulauf erleben. Er erläuterte die besondere Struktur in Franken, wo es früher viele kleine Grafschaften gab, was dazu führte, dass heute eine Vielzahl dezentraler Wallfahrtsorte auf der Karte des Bistums Würzburg zu finden seien. Es gab keine großen Adels- und Herrscherhäuser, die einen zentralen Ort wie Santiago in Spanien oder Mariazell in Österreich gezielt förderten. Vielmehr sorgten die Mächtigen dafür, dass kein Wallfahrtsziel „nebenan“ zu groß wurde. Ein Blick in die nähere Region bestätige das: da sei noch das Zeiler Käppele, die Wallfahrtskirche in Maria Limbach und in Greßhausen.

Interessante Ergebnisse lieferte auch die Auswertung der Fragebögen, die dem vergangenen Pfarrbrief beilagen und in der alle Interessierten die Fragestellung „Die Ritterkapelle bedeutet für mich…“ beantworten konnten. Prof. Rosenberger hatte die ca. 50 Rückmeldungen, die in die aufgestellten Boxen in den Kirchen geworfen wurden, ausgewertet. Die sieben häufigsten Nennungen in sortierter Reihenfolge waren: Ruhe/Stille, Schönheit, Gebetsort, Heimat, Kultur/Geschichte, Glauben(szeugnis), Marienheiligtum. Ein Vergleich mit den Statistiken zu Santiago zeigte überraschende Ergebnisse: während die Geschlechterverteilung etwa ähnlich war, sah es beim Alter deutlich anders aus: fast nur Menschen in der zweiten Lebenshälfte beteiligten sich an der Umfrage. Nur zwei Personen waren unter 40 Jahre alt. Nur acht von 54 gaben an, dass sie die Ritterkapelle als Marienheiligtum sehen, weitere drei als Pilgerziel. Für die Mehrheit sei es aber ein Ort der Ruhe und Stille, sowie der Heimat.

„Die Ritterkapelle als Ort der kleinen Wallfahrten im Alltag“ – Prof. Dr. Rosenberger

Diese Tatsache, führte Prof. Rosenberger weiter aus: „Die Menschen suchen in der gegenwärtigen Leistungsgesellschaft nichts mehr als Ruhe.“ Er forderte die Kirche auf, diesem Bedürfnis mehr Raum zu geben. „Bei den großen Events kann die Kirche sowieso nicht mithalten. Aber am besten kann die Kirche Ruhe anbieten“; vor 20 bis 30 Jahren ging die Kirche den Trend nach noch mehr Events und großen Aktionen mit, „und die Leute sind gekommen“. Heute muss sie einen anderen Weg gehen. Wie groß die Sehnsucht nach Ruhe sei, belegte Prof. Rosenberger mit einem Beispiel aus Linz: dort waren während dem Jahr als Kulturhauptstadt die beiden Attraktionen mit dem größten Zulauf und Medienecho diejenigen, die besonders Stille und Ruhe anboten. Auf dem Turm des Mariendoms hatte man 2009 ein 8qm großes Zimmer neu eingerichtet, das im zweiten Weltkrieg zuletzt als Feuerwache genutzt wurde und bei Bombenangriffen rechtzeitig Alarm geben sollte. Als Eremitage konnten sich Freiwillige eine Woche als Turmeremit in die Stille in 68m Höhe begeben. Das Projekt hatte so großen Zulauf, dass es bis heute fortgeführt wird.

„Bisher hat die Kirche das Leistungsdenken mitgemacht, jetzt muss sie eine sabbatische Kirche werden.“ – Prof. Dr. Rosenberger

Praktische Anregungen, wie die Ritterkapelle in Zukunft die gesellschaftlichen Bedürfnisse anrühren könnte, fehlten nicht in Prof. Rosenbergers Vortrag. Er schlug z.B. vor, mehr Taizé-Gebete anzubieten und „Station auf dem Weg“ zu sein. Als Punkt auf dem Mainradweg und dem fränkischen Marienweg habe der Ort Potenzial, das mit entsprechender Infrastruktur gefördert werden kann. Weiterhin brachte Prof. Rosenberger das Signet Radwegkirchen der ev. Kirche, sowie eine Stunde Seelsorge in der Kirche für Durchreisende ins Gespräch. Es gehe darum, die Herrlichkeit anzurühren, das Pilgerziel als Durchgangsort zu sehen: Die Ritterkapelle war und ist ein regionales Fußpilgerziel, es gibt die Sternwallfahrt der Pfarreiengemeinschaft, Gnadenbilder. Er fragte aber auch, ob die Kirche für das Dekanat eine größere Rolle spielen könnte. Als praktische Tipps gab Prof. Rosenberger weiter mit auf den Weg: Wege markieren, bereiten, selbst die Wege gehen, Pilgerwegsbegleiter ausbilden, aber auch die nötige Gelassenheit, etwas wachsen zu lassen. Eine Wallfahrt lasse sich nicht „machen“.
Mit einigen Bibelstellen rührte er das Thema „Wallfahren“ zum Abschluss noch spirituell an: Mose, der auf dem Berg Nebo das Land sehen darf, aber nicht hineinziehen wird (Dtn 34,1-9), die Verklärung Jesu, wo die Jünger einen Moment lang klar sehen, aber keine Hütte bauen sollen (Mk 9,2-10) und schließlich die Auferstehung Jesu in Mk 16,1-8: „Er ist nicht hier!“ – Die „Wallfahrt“ zum Grab sei also nicht das Ende, sondern nur „Durchgangsort“, verdeutlichte der Moraltheologe und Priester. Die Erfahrung sei nicht am Wallfahrtsort, sondern danach, zurück zu Hause, wie bereits Ignatius von Loyola beschrieb: „Alle Dinge sind neu.“

„Ich will kein zweites Retzbach.“ – Pfarrer Stephan Eschenbacher

Im Anschluss an den Vortrag bestand noch die Möglichkeit zur Diskussion. Auf die Frage, wie die Pfarrei die Bedeutung der Marienkirche fördern will, äußerte Pfarrer Stephan Eschenbacher: „Ich will kein zweites Retzbach“ – vielmehr solle der spirituelle Ort sinnvoll genutzt werden und ein Raum für Stille und Ruhe eröffnet werden, besonders auch für die vielen Radwallfahrer. Mit dem Dank des Pfarrers an den Vortragenden Prof. Dr. Rosenberger, einem fränkischen Bocksbeutel als Dankeschön und einem langen Applaus der Zuhörer für den exzellenten und anschaulichen Vortrag endete der Abend im Pfarrsaal Haßfurt. Sichtlich begeistert und voll des Lobes verließen die Besucher den Vortrag.

Eingetragen von Michael Derleth am 24.04.2015 12:07

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Pfarrei St. Kilian Haßfurt - letzte Änderung 30.01.2016